Montag, 20. Juli 2015

Das neu entdeckte Gehirn des Menschen

Das HerzGehirn




Courage, Mut, kommt von dem lateinischen Wort »cor«, das Herz. Jahrhunderte lang war des Herz das Zentrum der Gefühle, der Courage und der Weisheit. 

Am HeartMath® Institut werden die physiologischen Mechanismen der Kommunikation von Herz und Gehirn sowie die Bedeutung des Herzens für unsere menschliche Erfahrung untersucht. Dieser Text basiert auf einem Artikel von Rolin McCraty, Ph.D.


Nach neuesten neurobiologischen Erkenntnissen hat das Herz eine höhere Informations-verarbeitungskapazität als das Gehirn. Hierbei spielen die Gefühle die tragende Rolle.


Jahrhunderte lang wurde das Herz als die Quelle von Emotionen, Courage und Weisheit angesehen. Am »Institut of HeartMath« (IHM) untersuchen wir die physiologischen Mechanismen, durch die das Herz mit dem Gehirn kommuniziert und dabei Informationsverarbeitung, Wahrnehmung, Emotionen und Gesund­heit beeinflusst. 


Wir fragen zum Beispiel: 
Warum erfahren Menschen das Gefühl oder die Aufregung von Liebe oder ande­ren positiven Gefühlen in dem Bereich des Herzens und was sind die physiologischen Auswirkungen? 
Wie beeinflussen Stress und verschiedene emotionale Zustände das autonome Nervensystem, das Hor­mon- und Immunsystem, das Herz und das Gehirn? 

Im Laufe der Jahre haben wir mit verschiedenen psychologischen und physiologischen Methoden experimen­tiert. 

In der Regel zeigte sich, dass sich die inneren emotionalen Zustände bzw. Stress am deutlichsten in der Herzfrequenzvariabilität und den Herzrhythmen wider­spiegelten. 

Es wurde deutlich, dass negative Emotionen zu einer erhöhten Störung im Herzrhythmus und im auto­nomen Nervensystem führen und dabei den Rest des Körpers nachteilig beeinflus­sen. Im Gegensatz dazu schaffen positive Emotionen eine erhöhte Harmonie und Kohärenz in den Herzrhythmen und ver­bessern die Balance im Nervensystem. 

Die Einflüsse auf die Gesundheit sind einfach zu verstehen: Disharmonie im Nervensys­tem führt zu Ineffizienz und erhöhtem Stress für das Herz und andere Organe, während harmonische Rhythmen effizient und weniger belastend für das System des Körpers sind.


Noch faszinierender sind die dramati­schen positiven Veränderungen, wenn Techniken angewendet werden, die die Kohärenz des Rhythmus der Herzfre-quenzvariabilität steigern. 
Dies beinhaltet Wahrnehmungsveränderungen und die Fähigkeit Stress zu reduzieren und effek­tiver mit schwierigen Situationen umzu­gehen. Wir haben beobachtet, dass das Herz so handelt, als hätte es ein eigenes Gehirn. Es beeinflusst tiefgreifend die Art und Weise, wie wir die Welt sehen. 

Im Wesentlichen scheint das Herz die Intel­ligenz und das Bewusstsein zu beeinflus­sen. Viele unserer Erkenntnisse geben uns nun eine wissenschaftliche Basis, um zu erklären, wie das Herz kognitive Klarheit, Kreativität, emotionale Balance und per­sönliche Stärke beeinflusst.


Unsere Forschung und die von anderen weisen daraufhin, dass das Herz mehr als eine simple Pumpe ist. Das Herz ist in der Tat ein äußerst komplexes, selbst-organi­siertes Informationsverarbeitungszentrum mit seinem eigenen operativen »Gehirn«. Es kommuniziert mit dem kranialen Ge­hirn und beeinflusst es durch das Nerven­system, Hormonsystem und andere Leit­bahnen. Diese Einflüsse wirken sich tief­greifend auf die Gehirnfunktion und die meisten Hauptorgane des Körpers aus und bestimmen letztlich die Lebensqualität.

Disharmonie im Nervensystem führt zu Ineffizienz und erhöhtem Stress für das Herz und andere Organe.



Innervation der Hauptorgane durch das autonome Nervensystem (ANS).



Parasympathische Fasern laufen durch den Schädel und das Kreuzbein; sympathische Fasern sind verbunden mit dem Brust- und Lendenwirbel. Eine ordentliche Funk­tion des ANS ist entscheidend für den Erhalt der Ge­sundheit. 


Eine Reihe von Gesundheitsproblemen hängen mit einer Dysfunktion oder einem Ungleichgewicht des ANS zusammen. Emotionen beeinflussen die Aktivität des ANS weitreichend und gleichen die beiden Zweige aus. Ärger verursacht zum Beispiel eine erhöhte sympathische und reduzierte parasympathische Aktivität. Eine Arterienverengung, resultierend aus einerübermäßigen sympathischen Stimulation, kann zu Bluthochdruck und Herzanfällen beitragen.

Das intelligente Herz


Einige der ersten modernen psycho-physiologischen Forscher, die die Kommuni­kation zwischen Herz und Gehirn unter­suchten, waren John und Beatrice Lacey. In ihren Forschungen in den 1960er und 70er Jahren beobachteten sie, dass diese Kommunikation unsere Wahrnehmung und Reaktion auf die Welt signifikant be­einflusst. 

Eine Generation bevor dieLa-ceys mit ihren Forschungen begannen, hatte Walter Cannon gezeigt, dass emo­tionale Veränderungen durch Änderungen in der Herzrate, dem Blutdruck, der Atmung und der Verdauung begleitet wer­den. Aus Cannons Sicht werden wir in einem »erregten« Zustand 
durch den Sympathikus angetrieben zu kämpfen oder zu fliehen. 

Der Parasympathikus, der beruhigende Teil des Nervensystems, sorgt für Ruhe in entspannten Situationen. Nach dieser Ansicht werden das autonome Ner­vensystem und alle physiologischen Reak­tionen entsprechend den Gehirnreaktionen auf einen Stimulus gesteuert. 
Man vermu­tete, unsere inneren Systeme werden akti­viert, wenn wir erregt sind, oder herunter gefahren, wenn wir uns ausruhen, wobei das Gehirn dabei die Kontrolle über den gesamten Prozess hätte.

Die Laceys bemerkten, dass dieses ein­fache Modell die physiologischen Prozesse nur teilweise korrekt abbildet. 

Im weite­ren Verlauf ihrer Forschung fanden sie he­raus, dass das Herz seine ganz eigene Logik zu haben schien, die häufig von der Anweisung des autonomen Nervensys­tems abweicht. 

Das Herz schien Bot­schaften an das Gehirn zu schicken, das diese nicht einfach nur verstand, sondern sogar befolgte. 

Noch verblüffender war die Erkenntnis, dass diese Botschaften das Verhalten einer Person beeinflussen konn­ten. Kurz darauf entdeckten Neurophysiologen eine bestimmte neuronale Bahn, durch die die Eingaben des Herzens ins Gehirn die elektrische Aktivität des Ge­hirns »verringern« oder »verstärken« konnten. 

1974 arbeiteten die französi­schen Forscher Gahery und Vigier mit Katzen. Sie stimulierten den Vagusnerv, der viele Signale des Herzens zum Gehirn leitet. Dabei fanden sie heraus, dass die elektrische Aktivität des Gehirns auf die Hälfte der normalen Rate reduziert war. 
Zusammenfassend deuten die Ergebnisse darauf hin, dass das Herz und das Ner­vensystem nicht einfach den Anweisungen des Gehirns folgen, wie Cannon einst ge­dacht hatte.


Neurokardiologie:  Das Gehirn im Herzen


Eine kleine Gruppe von kardiovaskulären Forschern und eine Gruppe von Neuro-physiologen schlossen sich den Laceys an, um Gebiete von gemeinsamem Interesse zu erforschen. Dies war der Beginn einer neuen Disziplin, der Neurokardiologie, die seitdem wichtige Einsichten in das

Vervensystem des Herzens liefert und zeigt, wie das Gehirn und das Herz durch das Nervensystem miteinander kommu­nizieren. 

Nach umfangreichen Forschun­gen führte J. Andres Armour, einer der Pioniere der Neurokardiologie, 1991 das Konzept des eigenständig arbeitenden »Herzgehirns« ein. Seine Arbeiten ver­deutlichten, dass das Herz ein komplexes intrinsisches Nervensystem hat, das weit genug ausgebildet ist, um es als ein »klei­nes Gehirn« auszuweisen. Das Gehirn des Herzens ist ein kompliziertes Netzwerk verschiedener Arten von Neuronen, Neu-rotransmittern, Proteinen und Support-Zellen, wie sie im Gehirn gefunden werden. Sein ausgeklügelter Kreislauf be­fähigt es, unabhängig vom kranialen Ge­hirn zu funktionieren – zu lernen, zu erinnern, ja sogar zu fühlen und zu spü­ren. Die neuronalen Verbindungen zwi­schen Herz und Gehirn zeigt Figur 2.





Die neuronalen Kommunikationswege zwischen Herz und Gehirn

Das herzeigene Nervensystem besteht aus Ganglien, die lokale neuronale Schaltkreise verschiedenenTyps sowie sensorische Neuriten enthalten, die über das ganze Herz verteilt sind. Die Ganglien verarbeiten und integrieren die einfließenden Informationen des äuße­ren Nervensystems und der sensorischen Neuriten in­nerhalb des Herzens. Die äußeren kardialen Ganglien im Brustraum haben direkteVerbindungen zu Organen wie der Lunge und der Speiseröhre und sind über das Rückenmark indirekt mit vielen anderen Organen verbunden, einschließlich der Haut und der Arterien. Die aufsteigenden, vom Herz zum Gehirn fließenden para-sympathischen Informationen laufen durch denVagus-nerv zur Medulla, wobei sie das Ganglion nodosum passieren. Die sympathischen aufsteigenden Nerven verbinden sich zunächst mit den äußeren kardialen Ganglien, dann mit dem Spinalganglion und dem Rü­ckenmark. Nachdem die Signale die Medulla erreicht haben, bewegen sie sich durch die subkortikalen Be­reiche (Thalamus, Amygdala etc.) und danach errei­chen sie die kortikalen Bezirke (Großhirnrinde).


Das Herz hat sein eigenes Nervensystem, das Informationen unab-
hängig vom Gehirn oder Nervensystem steuert und verarbeitet

Das Nervensystem des Herzens bein­haltet ungefähr 40.000 Neuronen, ge­nannt sensorische Neuriten, die zir­kulierende Hormone und Neurochemika-lien aufspüren sowie Herzraten und belas­tende Informationen erkennen. Hor­monelle, chemische und physikalische In­formationen werden durch das Nerven­system des Herzens in neurologische Im­pulse übersetzt und vom Herzen durch verschiedene aufsteigende Nervenbahnen zum Gehirn geleitet. Durch diese Ner­venbahnen werden auch Schmerzsignale und andere Sinnesempfindungen zum Gehirn gesendet. Die Nervenbahnen tre­ten durch die sogenannte »Medulla«, die sich im Stammhirn befindet, ins Gehirn ein Die Signale regulieren die vielen Sig­nale des autonomen Nervensystems, die vom Gehirn zum Herzen, den Blutadern und anderen Drüsen und Organen flie­ßen. Jedoch bewegen sie sich auch in die oberen Zentren des Gehirns, wo sie viel­leicht die Wahrnehmung, die Entschei­dungsfindung und andere kognitive Pro­zesse beeinflussen.
Dr. Armour beschreibt das Gehirn-und Nervensystem als ein parallel arbei­tendes Verteilungssystem, bestehend aus interagierenden neuronalen Verarbei­tungszentren, die über den ganzen Körper verteilt sind. Das Herz hat sein eigenes in-trinsisches Nervensystem, das Informatio­nen unabhängig vom Gehirn oder Nervensystem steuert und verarbeitet. Dies erklärt, warum eine Herztransplan­tation überhaupt funktionieren kann: Normalerweise kommuniziert das Herz mit dem Gehirn durch die Nervenfasern,

die durch den Vagusnerv und die Wirbel­säule verlaufen. Bei einer Herztransplan­tation verbinden sich diese Nervenver­bindungen für eine lange Zeit nicht – wenn sie sich überhaupt jemals verbinden; jedoch kann das transplantierte Herz in seinem neuen Heim durch die Kapazität seines intakten, intrinsischen Nervensys­tems trotzdem funktionieren


Die mentalen und emotionalen Systeme


Die Betrachtung von menschlichem Den­ken und Fühlen bzw. von Intellekt und Emotion als unterschiedliche Funktionen geht zurück bis in die griechische Antike. Diese beiden Aspekte der Seele wurden bei den Griechen oftmals kontrastiert. Sie be­fanden sich ihrer Ansicht nach in einem ständigen Kampf um die Kontrolle über die menschliche Psyche. Aus Platons Sicht waren Emotionen wie »wilde Pferde«, die durch den Intellekt »gezügelt« werden mussten.

Natürlich sind Emotionen nicht immer nur negativ und verhalten sich nicht immer widersprüchlich zum rationalen Denken. 

Der Neurologe Antonio Damasio hebt die Rationalität der Emotionen in seinem Buch »Descartes’ Irrtum« her­vor, indem er die Wichtigkeit von Emo­tionen bei der Entscheidungsfindung aufzeigt. Er verweist auf Praxisfälle von Pa­tienten mit Gehirnschäden in den Berei­chen des Gehirns, die die emotionalen und kognitiven Systeme verbinden. Wie Damasio darstellt, können diese Patienten nicht mehr problemlos im täglichen Leben agieren, obwohl ihre mentalen Fä­higkeiten perfekt funktionieren. 

In dem Bestseller »Emotionale Intelligenz« vertritt -Daniel Goleman die Auffassung, dass der gängige Blick auf die menschliche Intelli­genz, der vor allem auf den Verstand oder Intellekt bezogen ist, viel zu eng ist. Die­ser enge Intelligenzbegriff ignoriert sei­ner Meinung nach, dass es eine Reihe menschlicher Fähigkeiten gibt, die gleich viel, wenn nicht weit mehr Einfluss auf unseren Erfolg haben. Er verweist auf einen vernachlässigten Bereich der Intelli­genz, die so genannte »Emotionale Intel­ligenz«. 

Diese baut auf Qualitäten wie Selbst-Bewusstsein, Motivation, Altruis­mus und Leidenschaft. Gemäß Goleman zeichnen sich Menschen, die erfolgreich die Herausforderungen des Lebens meis­tern, weit mehr durch einen hohen »EQ« (Emotional Quotient) als einen hohen »IQ« (Intelligenz Quotient) aus.

Die aktuellen Forschungen in den Neurowissenschaften bestätigen, dass Emotion und Kognition am besten als getrennte, je­doch wechselseitig interagierende Systeme gedacht werden können, die jeweils für sich mit einer einzigartigen Intelligenz ausgestattet sind. Unsere Forschung zeigt, dass der Schlüssel zur erfolgreichen Inte­gration von Verstand und Gefühl darin liegt, die Kohärenz der beiden Systeme zu erhöhen und sie in miteinander überein­stimmende Schwingungsphasen zu brin­gen. 

Mit Kohärenz ist ein geordnetes harmonisches Funktionieren gemeint. Obwohl die wechselseitige Kommunika­tion zwischen dem kognitiven und emo­tionalen System fest miteinander verdrahtet ist, ist die Anzahl der neurona-len Verbindungen, die vom emotionalen Zentrum zum kognitiven gehen, größer als umgekehrt. Das erklärt zum Teil die enorme Macht der Emotionen im Ver­hältnis zum Denken. Wenn eine Emotion erst einmal in der Erfahrung verankert ist, ist sie ein machtvoller Motivator für unser zukünftiges Verhalten und beeinflusst un­sere laufenden Handlungen, Einstellun­gen und die langfristigen Prägungen. 

Emotionen können alltägliche Ereignisse leicht aus der Wahrnehmung verdrängen, wohingegen Gedanken die Gefühle nicht so einfach von der inneren Landkarte zu vertreiben vermögen. 

Die Erfahrung zeigt uns, dass die tiefgreifendsten Gedanken diejenigen mit der größten emotionalen Kopplung sind. Gerade weil Gefühle einen so mächtigen Einfluss auf unsere
kognitiven Aktivitäten haben, haben wir an unserem Institut entdeckt, dass es am effektivsten ist, auf der emotionalen Ebene anzusetzen, um mentale Muster und Pro­zesse zu verändern.

Unsere Forschung zeigt, dass die Ver­wendung bestimmter Werkzeuge und Techniken zur Steigerung der Kohärenz im emotionalen System gleichzeitig auch den Verstand in ein kohärenteres System bringen kann. 

In unserer langen Praxiser­fahrung konnten wir teilweise beträchtli­che Unterschiede zwischen dem Grad der Kohärenz der Emotionen und des Ver­standes feststellen. Ein nicht phasenglei­cher Zustand zwischen beiden Systeme führt zu einer Reduzierung des gesamten Bewusstseins. 

Umgekehrt führt ein pha­sengleicher Zustand zu einem erweiterten Bewusstsein. Diese Interaktion von Emo­tionen und Verstand beeinflusst uns auf mehreren Ebenen: Unser Vorstellungsver­mögen, unsere Aufnahmefähigkeit, unsere Reaktionszeit, unsere mentale Klarheit, unsere Gefühlszustände und unsere Emp­findsamkeit sind alle durch den Grad mentaler und emotionaler Kohärenz be­einflusst.

Die Rolle des Herzens bei steigender psycho-physiologischer Kohärenz



Zusammenfassend lassen die Ergebnisse der hier vorgestellten Studien darauf schließen, dass Individuen mehr bewuss­ten Einfluss auf die Kohärenz innerhalb und zwischen ihren mentalen und emo­tionalen Systemen haben können, als man für gewöhnlich annehmen würde. Das kann wiederum zu größerer physiologi­scher Kohärenz führen, die sich als ein ge­ordnetes und harmonisches Funktionieren des Nerven-, Kardiovaskulär-, Hormon-und Immunsystems zeigt. Wir nennen den daraus resultierenden Zustand »psy-cho-physiologische Kohärenz«, da er einen hohen Grad von Balance, Harmonie und Synchronisation innerhalb und zwischen kognitiven, emotionalen und physiologi­schen Abläufen beinhaltet. 

Untersuchun­gen haben gezeigt, dass dieser Zustand in Zusammenhang mit hoher Leistung, re­duziertem Stress, erhöhter emotionaler Stabilität und zahlreichen Vorteilen für die Gesundheit steht. Am »Institute of HeartMath« haben wir herausgefunden, dass das Herz eine zentrale Rolle bei der Entstehung emotionalen Erlebens und somit bei der Schaffung psycho-physiologischer Kohärenz spielt. 

Aus einer systemischen Perspektive ist der menschliche Organismus ein riesiges, multi-dimensionales Informationsnetzwerk miteinander kom- munizierender Subsysteme, in dem mentale Prozesse, Emotionen und physio­logische Systeme untrennbar ineinander verwoben sind. Während wir einst glaub­ten, unsere Wahrnehmungen und Emo­tionen wären vollkommen durch die Reaktion unseres Gehirns auf einen äuße­ren Stimulus determiniert, können wir nun genauer beschreiben, wie unsere Wahrnehmung und unsere emotionalen Erlebnisse als ein Gemisch von Stimuli entstehen, die das Gehirn von äußeren Faktoren erhält und die dem Gehirn durch innere Empfindungen oder Rück­koppelungen der Körpersysteme und -organe übermittelt werden. Folglich müssen das Herz-, Gehirn-, Nerven-, Hormon-und Immunsystem alle als fundamentale Kompo- nenten des dynamischen und in­teraktiven Informationsnetzwerkes be­trachtet werden, das unser gegenwärtiges emotionales Erleben bestimmt.

Die umfangreiche Arbeit des berühm­ten Gehirnforschers und Neurochirurgen Dr. Karl Pribam hat zum erweiterten Ver­ständnis des emotionalen Systems beige­tragen. In Pribams Modell bilden ver­gangene Erfahrungen ein Set von ge­wohnten Mustern in uns, die in den neu-ronalen Netzwerken gebildet und erhalten werden. Informationseingaben der äuße­ren und inneren Umgebung an das Ge­hirn tragen zum Erhalt dieser Muster bei. 




Innerhalb des Körpers treten somit Pro­zesse und Interaktionen auf verschiedenen funktionalen Ebenen auf, die ständig rhythmische Eingaben an das Gehirn sen­den, an die sich dieses dann gewöhnt. Diese Eingaben reichen von der rhythmi­schen Herzaktivität über unsere Verdau-ungs-, Atmungs- und Reproduktions­zyklen bis hin zu dem beständigen Zu­sammenspiel von Botenstoffen, die von unseren Körperzellen produziert werden.

Diese Eingaben an das Gehirn werden in neuronale und hormonelle Muster übersetzt und ständig vom Gehirn über­wacht, um unsere Wahrnehmung, unsere Gefühle und unser Verhalten zu ordnen. Bekannte Muster der äußeren Umgebung und des inneren Systems werden in den neuralen Kreislauf eingeschrieben und formen einen stabilen Hintergrund bzw. ein stabiles Referenzmuster, mit dem neue Informationen oder Erfahrungen vergli­chen werden. Nach diesem Modell führen externe oder interne Eingaben, die ausrei­chend von den gewohnten Referenzmus-tern abweichen, zur Erzeugung von be­stimmten Gefühlen und Emotionen.

Die zugrunde liegenden physiologi­schen Muster, an die sich unser Gehirn und unser Körper gewöhnt haben, werden durch unsere Erfahrungen und unsere Art, wie wir die Welt wahrnehmen, erschaffen und bestärkt. Eine Person zum Beispiel, die in einer Umgebung lebt, die immer Gefühle von Ärger oder Angst auslöst, wird sich höchst wahrscheinlich an diese Gefühle gewöhnen, und auch das Nerven-und Hormonsystem wird sich diesen Umtänden entsprechend ausrichten. Im Ge­gensatz dazu wird sich ein Individuum, dessen Erfahrung von Gefühlen der Si­cherheit, Liebe und Fürsorge geprägt ist, an die mit diesen Gefühlen verbunde­nen physiologischen Muster gewöhnen.

In unserer inneren Umwelt tragen letzt­lich viele verschiedene Organe und Sys­teme zu den Mustern bei, aus denen unser emotionales Erleben resultiert. Jedoch, so hat die Forschung gezeigt, spielt das Herz dabei eine äußerst wichtige Rolle. Das Herz ist der mächtigste Erzeuger rhyth­mischer Informationsmuster im mensch­lichen Körper. 

Wie wir zuvor gesehen haben, funktioniert das Herz als ein aus­geklügeltes Informationsverarbeitungszentrum; es besitzt ein weit stärker aus­gebildetes Kommunikationssystem mit dem Gehirn als die meisten anderen Hauptorgane des Körpers.

 Mit jedem Herzschlag pumpt das Herz nicht nur Blut, sondern transportiert auch kom­plexe Muster neurologischer, hormoneller oder elektromagnetischer Informationen zum Gehirn und durch den gesamten Körper. Als ein entscheidender Knoten­punkt in vielen Interaktionsprozessen des Körpers hat das Herz eine einzigartig Stel­lung inne, indem es ein mächtiger Ein­trittspunkt in das Kommunikations­netzwerk ist, das Körper, Geist, Emotio­nen und Seele verbindet.

»Da emotionale Prozesse schneller arbei­ten können als der Verstand, benötigt es eine Kraft, die stärker ist als der Verstand um die Wahrnehmung zu bündeln, den emotiona­len Kreislaufzu überwinden und uns dafür mit intuitiven Gefühlen zu versorgen. Es braucht die Kraft des Herzens.«
Doc Childre, Gründer, Institute ofHeartMath

Zahlreiche Experimente haben nun de­monstriert, dass die Botschaften, die das Herz dem Gehirn sendet, unsere Wahr­nehmung, mentalen Prozesse, Gefühlszu­stände und unsere Leistung in tief- grei­fender Weise beeinflusst. Unsere For­schung legt nahe, wie die Muster der Herzfrequenzvariabilität zeigen, dass das Herz Informationen relativ zu unserem emotionalen Zustand an das kardiale Zen­trum im Stammhirn (Medulla) schickt, das wiederum den intralaminären Kern des Ihalamus und die Amygdala versorgt. 

Das sind Bereiche, die direkt mit der Basis der Frontallappen verbunden sind, die wichtig für die Entscheidungsfindung und die Integration von Vernunft und Gefüh­len sind. Der intralaminäre Kern sendet Signale zum Rest des Kortex und hilft kor-tikale Aktivitäten zu synchronisieren. Er stellt damit einen Weg und Mechanismus zur Verfügung, der erklärt, wie die Herz­rhythmen Gehirnwellenmuster verändern und dadurch die Gehirnfunktion modifi­zieren können.

Unsere Daten zeigen, dass die zum Ge­hirn gesendete neuronale Information die kortikale Funktion erleichtert, wenn die Herzrhythmusmuster kohärent sind. Die­ser Effekt wird oft als erhöhte mentale Klarheit, verbesserte Entscheidungsfin­dung und gesteigerte Kreativität erfahren. Zusätzlich scheint eine kohärente Ein­gabe vom Herzen die Erreichung eines positiven Gefühlszustandes zu erleich­tern. Das erklärt vielleicht, warum die meisten Menschen Liebe oder andere po­sitive Gefühle mit dem Herzen verbinden und warum viele Menschen diese Emo­tionen tatsächlich im Bereich des Herzens »fühlen« oder »empfinden«. Auf diese Weise ist das Herz aufs Engste bei der Entstehung psycho-physiologischer Ko­härenz beteiligt.




Untersuchungen haben gezeigt, dass die aufsteigenden neurologischen Signale des Herzens direkt die Aktivität der Amygdala und des angeschlossenen Kerns, einem wichtigen emotionalen Verarbei­tungszentrum, beeinflussen. Die Amygdala ist das zentrale Gehirnzentrum zur Koordination von Verhaltens-, immuno­logischen und neuroendokrinen Reaktio­nen auf äußere Bedrohungen. Es dient gleichzeitig als Speicher von emotionalen Erinnerungen innerhalb des Gehirns. 

Bei der Einschätzung der Umgebung ver­gleicht die Amygdala eingehende emotio­nale Signale mit den gespeicherten emo­tionalen Erinnerungen. Auf diese Weise fällt sie unmittelbare Entscheidungen über den Gefahrengrad der eingehenden sensorischen Information. Aufgrund ihrer intensiven Verbindungen mit dem Hypothalamus und anderen autonomen Nervenzentren ist sie in der Lage, auf die Nervenbahnen zuzu­greifen, um das autonome Nervensystem und die emotionale Reaktion zu aktivieren, bevor das höhere Gehirnzentrum die sen­sorische Information erhält.

Eine Funktion der Amygdala ist auch zu bestimmen, an welche Muster sich das Gehirn gewöhnt. Wenn die Rhythmus­muster, die vom Herz erzeugt werden, gestört und inkohärent sind – besonders in den ersten Lebensjahren – lernt die Amygdala Disharmonie als die ihr ver­traute Basis. Das führt dazu, dass wir uns in Inkohärenz »zu Hause« fühlen, was das Lernen, die Kreativität und die emo­tionale Balance beeinträchtigen kann. Mit anderen Worten fühlen wir uns nur »behaglich« mit internen Inkohärenzen, die aber faktisch vollkommen unbehag­lich sind. 

Auf der Basis dessen, was für die Amygdala vertraut geworden ist, ver­mittelt der frontale Kortex die jeweils entsprechenden Verhaltensweisen. So un­terliegen und beeinflussen unterbewusste emotionale Erinnerungen und damit ver­bundene physiologische Muster unsere Wahrnehmungen, emotionalen Reaktio­nen, Denkprozesse und unser Verhalten.

 Durch unsere Forschungsergebnisse kön­nen wir zeigen, dass diese emotionalen Erinnerungsstränge durch Herz-zen­trierte Eingriffe mit neuen Mustern ver­sehen werden können, die ermöglichen, dass Kohärenz das »vertraute« und be­hagliche Stadium wird.

Zusammengefasst zeigt sich aus unse­rem jetzigen Verständnis des elaborier­ten Rückkoppelungsnetzwerkes zwischen dem Gehirn, dem Herzen sowie den mentalen und emotionalen Systemen, dass der jahrhundertealte Kampf zwischen Intellekt und Emotion nicht durch den Gewinn der Dominanz des Verstan­des über die Emotionen gelöst wird, son­dern vielmehr durch eine steigende harmonische Balance zwischen den zwei Systemen – einer Synthese, die einen grö­ßeren Zugang zu der vollen Bandbreite unserer Intelligenz bietet.


Aus Platons Sicht waren Emotionen wie »wilde Pferde«,
die durch den Intellekt »gezügelt« werden mussten.

Neuste Forschung zeigt, dass der Schlüssel zur
erfolgreichen Integration vonVerstand und Gefühl darin liegt,
die Kohärenz der beiden Systeme zu erhöhen




Werkzeuge, die die menschliche Leistung steigern



Angesichts des weltweit steigenden Stress-levels werden sich die Menschen nicht nur über die Langzeitauswirkungen von Stress bewusst, sondern auch darüber, wie nicht gemeisterte Emotionen die Qualität des menschlichen Lebens einschränken sowie die mentale Klarheit, Produktivität, An­passungsfähigkeit und den Genuss des Le­bens begrenzen. Zur gleichen Zeit haben die meisten von uns erfahren, wie positive emotionale Zustände wie Wertschätzung und Fürsorge unsere Antriebskraft stei­gern und zu einem kohärenten Fluss im Leben beitragen und unsere Effizienz und Effektivität signifikant erhöhen. Doc Childre, der Gründer des »Institut of HeartMath«, hat vor Jahren verstanden, dass der Schlüssel zur Verbesserung der menschlichen Leistung ein simples, prak­tikables System sein würde, das Menschen helfen würde, diese weit kohärenteren in­neren Zustände mit größerer Kontinuität, sogar im Angesicht von äußerem Stress, zu erreichen. 

Durch langjährige Forschung hat Childre entwickelt, was nun als »Herz-Mathematik-System« bekannt ist: ein Set von praktischen Techniken um Menschen zu helfen, Stress und negative Emotionen im Moment ihres Auftretens umzuwan­deln, die Leistung zu verbessern und dieLebensqualität zu steigern.          



Anfänger trainieren fünf Schritte, die zwar simpel erscheinen mögen, aber geübt werden müssen wie Tonleitern am Klavier. Diese Schritte lauten:

1. Erkennen Sie den Stress, und nehmen Sie eine kurze Auszeit. 

Jeder Mensch reagiert anders. Sobald typische Anzeichen auftreten, wie Kopfschmerzen oder Magendrücken, sollte man in Gedanken die Stopptaste drücken. „Wer Regisseur seines eigenen Films sein will, muss einen Schritt zurücktreten und das gesamte Bild betrachten“, empfiehlt McCraty.

2. Lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit bewusst auf die Herzgegend. 

Konzentrieren Sie sich auf Ihre Mitte, stellen Sie sich vor, mit dem Herzen zu atmen und Energie hineinfließen zu lassen. Mit dieser – vielleicht etwas seltsam klingenden – Aufgabe soll der Gestresste dem Gefühlswirrwarr sämtliche Kraft entziehen und Klarheit im Kopf schaffen.

3. Erinnern Sie sich nun an ein positives, fröhliches Gefühl oder an eine besonders schöne Zeit. 

Versuchen Sie, diese noch einmal zu erleben. Für den Anfänger mag dies eine Herausforderung darstellen, denn er muss seinen aktuellen Ärger vergessen und an eine Situation denken, die Gefühle wie Freude, Wertschätzung, Mitgefühl oder Liebe weckt.

4. Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf Ihre Herzgegend, und fragen Sie sich mit all Ihrem gesunden Menschenverstand, welche Reaktion angebracht ist. 

Das Herz speichere tief empfundene positive Gefühle und Erlebnisse, so die Theorie. Wer diese erlernten Muster nutze, könne auch in schwierigen Situationen „gute Entscheidungen“ treffen.

5. Hören Sie auf die Antwort des Herzens.

Diese könnten erstaunlich einfach sein, oder sie bestätigen die eigene Intuition. In der Mehrzahl der Fälle erlebt der Übende nun eine positive Wahrnehmung.



Das ist alles? 


Manchen Menschen mag die Übung wie eine simple Kombination aus Visualisierung, Atemtechnik und fernöstlichem Zauber erscheinen. Das HeartMath-Institut jedoch will Skeptiker mit Beweisen überzeugen. Teilweise in Zusammenarbeit mit der renommierten Stanford-Universität haben Wissenschaftler Nutzen und Wirkungsweise der Herzintelligenz-Methode über mehr als zehn Jahre erforscht. 

Diese Studien wurden weltweit auf Medizinkongressen vorgestellt und in Fachmagazinen veröffentlicht, wie in „The American Journal of Cardiology“, „The American College of Cardiology“, „Stress Medicine“ oder im „Journal of Advancement in Medicine“. „Immer mehr Ärzte und Psychologen in Amerika, Kanada und Australien arbeiten mit dieser Technik“, sagt Direktor McCraty. Lizensierte Trainer unterrichteten in mehr als 500 Schulen, auf 35 Stützpunkten der US-Armee und in Konzernen wie Shell, Motorola oder Hewlett-Packard.

Als „bahnbrechend“ lobt Gerhard Werner, einst Dekan an der medizinischen Fakultät der Universität von Pittsburgh, die Erfolge dieser Methode bei „psychischem und körperlichem Stress“. Carol Mortimer, Betriebsärztin bei Hewlett-Packard in Großbritannien, schwärmt, die Arbeitsmoral der Mitarbeiter habe sich nach dem Lehrgang „erstaunlich“ verbessert.

Mit Zahlen belegen die Forscher, was Praktizierende nur fühlen können. 

Sechs Monate nach dem Training von Mitarbeitern der Firma Motorola zeigten sich die Beschäftigten zufriedener, belegt eine Studie. Sie hatten mehr Spaß an der Arbeit, und die Kommunikation im Unternehmen funktionierte reibungsloser. 20 Prozent der Manager und zehn Prozent der Fabrikarbeiter sagten, sie litten seltener unter Nervosität. Weniger häufig traten auch andere negative Symptome auf wie Spannungen (Manager zwölf Prozent, Fabrikarbeiter 22 Prozent) und Wut (zwölf Prozent/sieben Prozent) oder Angst (sieben Prozent/15 Prozent).

Ähnlich erfolgreich erwiesen sich die Herzintelligenz-Trainings an Schulen, beispielsweise an einer Mittelschule in Palm Springs in Florida. Hier hatten die Kinder mehr Freude am Lernen, zeigten bessere Konzentration und Motivation, mehr Energie und Selbstbewusstsein sowie freundlicheres Verhalten gegenüber Gleichaltrigen und Lehrern (siehe Grafik).
 Um die gesamten 70 Seiten in Englisch kostenlos herunterzuladen besuchen Sie: www.heartmath.org (vollständiger Link: http://www.heartmath.org/research/science-of-the-heart/introduction.html)





Samstag, 18. Juli 2015

Kuschelhormon als Schlankmacher

Kuschelhormon als Schlankmacher




Weniger Kalorien dank Oxytocin

Von einer Pille, die den Appetit zügelt und eine Diät leichter macht, träumen viele. Denn weniger zu essen, fällt vor allem Übergewichtigen schwer. Bisher allerdings haben sich nahezu alle Appetitzügler und Diätpillen als bestenfalls unwirksam und schlimmstenfalls gesundheitsgefährlich entpuppt. Möglicherweise könnte sich das Kuschelhormon hier als Ausweg erweisen, wie US-Forscher im März 2015 berichteten.

Für ihr Experiment verabreichten die Forscher 13 normalgewichtigen und 12 übergewichtigen Männern entweder eine Dosis Oxytocin per Nasenspray oder ein Placebo. Eine Stunde später durften die Probanden sich ein Frühstück ihrer Wahl bestellen. Dabei wurde registriert, was und wieviel sie aßen. Der gleiche Versuch wurde eine Woche später mit vertauschten Gruppen wiederholt.



Weniger Kalorien, erhöhte Fettverbrennung


Die Auswertung ergab: Die Männer, die zuvor Oxytocin bekommen hatten, nahmen im Durchschnitt 122 Kilokalorien und neun Gramm Fett weniger zu sich. Das erscheint zwar auf den ersten Blick nicht viel. Aber wenn mehrere Mahlzeiten am Tag zusammenkommen, dann kann dies durchaus den Unterschied zwischen Abnehmen und weiter Zunehmen ausmachen. Zudem verbrannten die Oxytocin-Probanden in den Stunden nach der Mahlzeit mehr Fett als die Placebogruppe.

Interessanterweise waren sich die Teilnehmer der appetitzügelnden Wirkung des Oxytocins nicht bewusst. Subjektiv hatten sie nicht den Eindruck, weniger Appetit zu haben, wie eine Befragung ergab. Wie das Kuschelhormon den Appetit zügelt, ist bisher noch unbekannt. Die Forscher vermuten aber, dass das Oxytocin auf Schaltkreise im Gehirn wirkt, die an der Hungersteuerung beteiligt sind, weil dies auch schon in Tierversuchen beobachtet wurde. Die Menge an appetitregulierenden Hormonen im Blut der Probanden änderte sich allerdings beim Versuch nicht.

"Unsere Ergebnisse sind wirklich aufregend", sagt Elizabeth Lawson von der Harvard Medical School in Boston. "Zwar sind noch weitere Studien nötig, aber ich glaube, dass Oxytocin eine vielversprechende Behandlung für Übergewicht und seine Folgen sein könnte.

" Bisher wurden die Versuche allerdings nur bei Männern gemacht, ob das Kuschelhormon auch bei Frauen so wirkt, muss daher noch getestet werden. Nebenwirkungen beobachteten die Forscher in ihrem Experiment nicht.

Dienstag, 7. Juli 2015

Wie wirkt Duft in unseren Träumen?

Rosenduft und faule Eier


Wie wirkt Duft in unseren Träumen?


Auszug aus Studie von Michael Schredl, Universität Heidelberg - Stand 19.06.2015

Wie beeinflussen Gerüche unsere Träume? Um das herauszufinden, verwendeten wir in unserer Studie einen großen Olfaktometer, der einen leichten, konstanten Luftstrom erzeugen und in die Nase der Versuchsperson leiten kann. 
Die Olfaktometer-Technik erlaubt es, die Geruchsreize unter kontrollierten Bedingungen zu- und abzuschalten. 

Als Geruchsreize verwendeten wir den nach faulen Eiern riechenden Schwefelwasserstoff und den nach Rosen duftenden Phenylethylalkohol; als Kontrolle diente die Raumluft. 



Praktisch lief der Versuch so ab: 

Sobald eine schlafende Versuchsperson in der REM-Phase war, wurde einer der beiden Geruchsreize für zehn Sekunden zugeschaltet. Danach warteten wir eine Minute lang, bis wir den Schlafenden weckten. 




Während der kurzen Wartezeit trieb der konstante Luftstrom den Duft wieder aus der Nase, sodass die Teilnehmer den Geruch beim Aufwachen nicht bewusst wahrnehmen konnten. 



Nur ein "stinkiger" Traum


Nachdem die Traumberichte ausgewertet worden waren, zeigte sich, dass nur einer der Versuchsteilnehmer einen Traum mit einer Geruchswahrnehmung erlebt hatte: Die Person träumte von einer Chinesin, mit der sie gemeinsam einen unangenehmen Geruch wahrnahm. Dieses Ergebnis scheint im Widerspruch zur Vorgängerstudie zu stehen, die in immerhin 19 Prozent der Träume einen Einfluss von Geruchsreizen nachweisen konnte. 

Doch der dort ermittelte höhere Anteil an "passenden" Träumen lässt sich wie folgt erklären: In der US-Studie wurden scharfe Gerüche wie Ammoniak oder Rauch verwendet. Sie gelangen über den Trigeminusnerv direkt in das Großhirn und haben aufgrund ihrer unmittelbaren Weiterleitung eine größere Chance, in das Traumbewusstsein zu kommen. 




Einfluss auf die Traumfärbung


Die von uns verwendeten olfaktorischen Reize hingegen gelangen vermutlich zuerst in die Amygdala, das Gefühlszentrum. Dadurch beeinflussten sie nicht die Trauminhalte, dafür aber die emotionale Färbung des Geträumten: 



Beim angenehmen Rosenduft waren die von den Versuchsteilnehmern berichteten Traumgefühle positiver als bei den unangenehmen Geruchsreizen. 

Das lässt an eine praktische Anwendung denken, beispielsweise an eine „Dufttherapie“ für Menschen, die unter Albträumen leiden. 

Allerdings sind hierbei einige Hindernisse zu überwinden, da sich die Nase sehr schnell an konstant dargebotene Reize gewöhnt.